Fachdiskurs

Die Etablierung von Familien­grundschul­zentren ist ein komplexer Prozess. Wie dieser in Nordrhein-Westfalen verlaufen ist, welche Meilensteine, relevanten Beschlüsse und Studien zum heutigen Ausbaustand beigetragen haben, finden Sie hier. 

Die Sammlung wird stetig erweitert und erhebt keinen Anspruch auf  Vollständigkeit. Falls Ihnen relevante Beiträge fehlen, lassen Sie uns das gerne wissen und kontaktieren Sie uns. 

Meilensteine der FGZ-Entwicklung in Nordrhein-Westfalen

Die wesentlichen Neuerungen und Erfolge finden Sie hier nach Jahren sortiert.

Die Geschichte von Familienbildung reicht weit in die 1960-er Jahre zurück und ist bis heute durch heterogene Institutionen und Modellprojekte geprägt. Der erste Meilenstein der FGZ-Entwicklung in Nordrhein-Westfalen, wird hier mit der Etablierung von Familienzentren an Kindertagesstätten gesetzt, da sich strukturelle und organisatorische Aspekte der Angebote ähneln.

2006: Familienzentren in Kindertageseinrichtungen in NRW

Bereits seit 2006 wird Eltern in Nordrhein-Westfalen der Zugang zu niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten erleichtert. Familienzentren sind Kindertageseinrichtungen, die über die Kernaufgabe der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern hinaus ein umfassendes Angebot der Bildung, Beratung und Unterstützung für Familien bereitstellen. Entsprechend dem § 43 Kinderbildungsgesetz (KiBiz) Nordrhein-Westfalen fördert das Land jedes Familienzentrum mit 20.000 Euro pro Jahr, das nach dem Gütesiegel Familienzentrum NRW zertifiziert ist. Seit 2007 erfolgt der flächendeckende Ausbau von Familienzentren in Nordrhein-Westfalen.

2014 – 2018: FGZ-Modellprojekt in Gelsenkirchen

Zwischen 2014 und 2018 adaptierte die Stadt Gelsenkirchen modellhaft das Konzept von Kita-Familienzentren an zunächst drei, dann an sechs Standorten. Unterstützt und wissenschaftlich begleitet wurde das Modellprojekt Familienzentren an Grundschulen durch die Wübben Stiftung Bildung. Ziel war es, die Präventionskette nach der Kitazeit fortzusetzen, die Bildungschancen von Schulkindern zu verbessern und zum Abbau herkunftsbedingter Bildungsbenachteiligung beizutragen. Die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojekts machte deutlich, dass FGZ Potenzial dazu haben, mit einem auf Familien-, Kooperations- und Sozialraumorientierung basierten Konzept den Abbau herkunftsbedingter Bildungsbenachteiligung im Primarbereich zu fördern.

2019: Initiative FGZ der Wübben Stiftung Bildung und der Auridis Stiftung

Seit 2019 haben sich mehrere Kommunen in Nordrhein-Westfalen zusammengeschlossen, um Erfahrungen und Wissen zu Familiengrundschulzentren zu sammeln, zu teilen und sich gegenseitig beim Aus- und Aufbau von FGZs zu unterstützen. Diese Initiative FGZ NRW wird von der Wübben Stiftung Bildung und der Auridis Stiftung getragen.

2020: Förderung von FGZ über das Landesprogramm „kinderstark – NRW schafft Chancen“

Seit 2020 besteht die Möglichkeit, Familiengrundschulzentren über das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration Nordrhein-Westfalen über das Programm kinderstark – NRW schafft Chancen im Rahmen der kommunalen Präventionsketten zu fördern.

2021: Förderung von FGZ über das Ministerium für Schule und Bildung NRW

Seit 2021 unterstützt das Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen mit einer eigenen Förderrichtlinie den Aufbau von Familiengrundschulzentren, zunächst nur für Städte und Gemeinden, die auf dem Gebiet des Regionalverbunds Ruhr liegen. Ab dem Schuljahr 2021/2022 nehmen darüber in 12 Kommunen 40 FGZ ihre Arbeit auf. Zur Unterstützung und Begleitung der Kommunen beim Aufbau wird vom Ministerium für Schule und Bildung zusätzlich die Koordinierungsstelle FGZ beim Institut für soziale Arbeit e.V. eingerichtet.

2023: Ausbau der geförderten FGZ über das Ministerium für Schule und Bildung NRW

2023 veröffentlicht das Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen die erweiterte Förderrichtlinie Familiengrundschulzentren, mit der ein Aufwuchs von FGZ in den Bezirksregierungen Detmold und Köln möglich wird. Seit dem Schuljahr 2023/2024 werden darüber zusätzlich 14 Standorte in sechs Kommunen gefördert, sodass insgesamt in 18 Kommunen 54 Familiengrundschulzentren über die Förderrichtlinie des Ministeriums für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden.

Relevante Beschlüsse und Positionierungen als Grundlage für die FGZ-Entwicklung

Hier finden Sie Informationen und weiterführende Links zu relevanten Beschlüssen und Positionierungen im FGZ-Kontext nach aufsteigendem Erscheinungsjahr.

KMK-Erklärung zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Eltern (2013)

In der gemeinsamen Erklärung der Kultusministerkonferenz und der Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund zur Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Eltern fordern die Akteure dazu auf, in Schule und Elternhaus ein gemeinsames Verständnis über partnerschaftliche Zusammenarbeit zu schaffen, um die Bildungschancen aller Kinder und Jugendlicher zu erhöhen. Damit wird bereits der Grundstein für die Legitimation von Familiengrundschulzentren und deren Arbeit mit den Familien gelegt.

KMK-Empfehlung: Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule (2018)

In der Empfehlung Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule wird als Grundsatz formuliert: „gemeinsames Ziel der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Eltern“, um „die Entwicklung und den Lernerfolg aller Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu fördern“. Hierzu werden verschiedene Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, welche den heutigen Merkmalen der Familiengrundschulzentren entsprechen.

Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (2022)

In dem Gutachten Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule. werden in den Empfehlungen unter anderem die Stärkung der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Schule und Eltern als „Verbindung zwischen der schulischen und der familialen Lern- und Entwicklungsumwelt“ benannt. Außerdem wird die Bedeutung von klaren Zuständigkeiten und transparenten Absprachen, des Auf- und Ausbaus von Teamstrukturen sowie der Kooperation mit Netzwerkpartner*innen im Sozialraum hervorgehoben.

Empfehlungen des Expertinnen- und Expertenbeirats zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter (2023)

Im Rahmen der Empfehlungen zur Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes werden Familiengrundschulzentren bzw. eine grundsätzliche Familienorientierung /-arbeit als Maßnahme und/oder konzeptionelle Ansätze zur Stärkung von Bildungsgerechtigkeit benannt.

Relevante Studien, Berichte und Beiträge zur Entwicklung von FGZ in Nordrhein-Westfalen

Im Folgenden finden Sie relevante Studien und Berichte, die im FGZ-Kontext erschienen sind, sortiert nach aufsteigendem Erscheinungsjahr.

IAQ-Forschung: Familienzentren an Grundschulen. Abschlussbericht zur Evaluation in Gelsenkirchen (2019)

Der Evaluationsbericht der Universität Duisburg-Essen orientiert sich an den Zielen des Projekts Familienzentren in Grundschulen in Gelsenkirchen als Element der Präventionskette. In der Evaluation wurde untersucht, welche Auswirkungen die Einrichtung von Familienzentren einerseits auf die Ausgestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft und andererseits auf die Vorbereitung und Begleitung des Übergangs hat. Außerdem wurde evaluiert, welche Rahmenbedingungen für die Erfüllung der Aufgaben der Familienzentren an Grundschulen förderlich sind.

Gelsenkirchen – Abschlussbericht des Projekts Familienzentren in Grundschulen (2020)

Im Schuljahr 2014/2015 wurde das erste Familienzentrum in einer Grundschule in Gelsenkirchen eröffnet. Parallel dazu entwickelte die Wübben Stiftung Bildung gemeinsam mit der Stadt Gelsenkirchen die gemeinsame Grundlage für eine Entwicklungspartnerschaft zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule. In dessen Rahmen wurden ab Mai 2015 fünf weitere Familienzentren in Grundschulen in Gelsenkirchen aufgebaut, erprobt und evaluiert. Als Resümee wird festgehalten: „Das Konzept eines Familienzentrums an Grundschulen […] bietet Potenziale, unterschiedliche Ansatzpunkte für die Stärkung von Chancengleichheit miteinander zu verknüpfen. Bisherige Befunde machen allerdings deutlich, dass sowohl die Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern, also die Etablierung einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, als auch der Aufbau interprofessioneller Kooperationen keine ‚Selbstläufer‘ sind, sondern in einem intensiven Prozess angestoßen und stetig gestaltet werden müssen.“

BMFSFJ: Neunter Familienbericht. Eltern sein in Deutschland (2021)

Unter dem Fokus Eltern sein in Deutschland werden im neuen Familienbericht aktuelle Herausforderungen an den Familienalltag dargestellt. Dabei wird herausgestellt, dass dieser durch viele Anforderungen im Hinblick auf Bildung, Betreuung und Erziehung gekennzeichnet ist. In Bezug auf familienbezogene Unterstützungsangebote in Bildungseinrichtungen empfiehlt die Kommission, aufbauend zum Kita-Bereich, Familienzentren auszubauen und auch an Schule zu verankern.

Prognos: Aufwachsen krisensicher gestalten. Grundlagen einer entwicklungsbegleitenden Präventionsstrategie für Kinder im Grundschulalter (2023)

Vor dem Hintergrund, dass mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland armutsgefährdet ist, gilt es, Armutsfolgen für Kinder und deren Familien abzumindern und Armutskreisläufe zu durchbrechen. Als gelingende Handlungspraxen für wirksame Maßnahmen zur präventiven Grundschulkindbetreuung werden in der Studie die Familiengrundschulzentren NRW beschrieben.

Evaluation des Landesprogramms „kinderstark – NRW schafft Chancen“ (2023)

Im Oktober 2020 wurde Rambøll Consulting mit der begleitenden Evaluation der Umsetzung des Landesprogramms kinderstark beauftragt. Der Abschlussbericht nimmt an verschiedenen Stellen Bezug auf die Entwicklung der FGZ in Nordrhein-Westfalen und betont unter anderem, dass FGZ dazu beitragen, die Bildungschancen von Kindern zu erhöhen und damit Bildungsgerechtigkeit zu fördern. „Familiengrundschulzentren verbinden den schulischen und familiären Kontext und schaffen dadurch eine starke Bildungspartnerschaft.“ Darüber hinaus werden weitere Aspekte wie die Kooperation von Jugendhilfe und Schule sowie die langfristige perspektivische Entlastung des Schulpersonals durch die Etablierung von FGZ beschrieben.

BMFSFJ: Nationaler Aktionsplan – Neue Chancen für Kinder in Deutschland (2023)

Mit dem Nationalen Aktionsplan nimmt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erneut Bezug auf den Aufbau von Familiengrundschulzentren in Deutschland. Der Aktionsplan hat zum Ziel, verbesserte Zugänge zu Betreuung, Bildung, Gesundheit, Ernährung und Wohnraum zu schaffen, um Chancengleichheit auch für Kinder und Jugendliche, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, zu ermöglichen. Für das Handlungsfeld Bildungsangebote und schulbezogene Aktivitäten empfiehlt das Bundesministerium unter anderem: „Eine Stärkung der Schulsozialarbeit sowie eine stärkere sozialräumliche Vernetzung von Schulen könnten beispielsweise durch den Ausbau von Grundschulen zu Familienzentren gelingen.“

Berichte und Fachtexte direkt lesen

Wenn Sie weiterlesen möchten, können Sie die aufgeführten Beschlüsse, Studien und Berichte direkt downloaden.

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Deckblatt des Dokuments mit Titel beschriftet

Empfehlungen des Expertinnen- und Expertenbeirats zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter

(pdf, 0.31 MB)

Zusammenfassende Aspekte des Dialogprozesses im Expertinnen- und Expertenbeirat vom Oktober 2023.

Deckblatt des Dokuments mit Titel beschriftet

Familienzentren an Grundschulen – Abschlussbericht zur Evaluation in Gelsenkirchen

(pdf, 4.78 MB)

Aktueller Forschungsbericht des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ). Andreas Born et al (Hrsg.) (2019). Universität Duisburg-Essen.

Deckblatt des Dokuments mit Titel der KMK Empfehlung

Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule

(pdf, 0.15 MB)

Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 11.10.2018